27.9.06

Oregon

Haben Seattle durchquert – eigentlich wollten wir ja bummeln gehen und die GT-Strecke abfahren, aber wie unser Glück es will war die Hölle los, trotz Sonntag, weil die Seahawks spielten. Also nichts wie weg. (dauerte dann doch etwas länger, weil wir uns am Weg von downtown zum Highway verfuhren. Bekamen so aber interessante Einblicke in die "kulturelle Vielfalt" Seattles, auch Einwandererghettos genannt).

Dafür campten wir dann sehr idyllisch bei den Rainbow Falls, einem kleinen aber feinen Naturpark im Nirgendwo.

Montags dann Portland, der nächste Großstadtbrocken (ja, wir haben uns auch hier am Weg zum Highway verfahren, aber das war echt nicht unsere Schuld, es gab richtung Süden einfach keine Auffahrt…). Portland – was wir davon gesehen haben – gefiel uns besser als Seattle, ist irgendwie gemütlicher. Haben viel Geld bei Powells gelassen, DER Buchhandlung westlich des Mississippi, einer Stadt in der Stadt, Bücher über Bücher über Bücher….Traum und Alptraum zugleich.

Dann endlich mal wieder westwärts, hatten wir ja lange nicht, und an die Küste. Kommen erschöpft in Lincoln City an der viel gerühmten 101 an. Hier bietet sogar der Campground einen gratis Shuttleservice zum Casino an… Jacob und Finn spielen ein wenig mit dem mexikanischen Buben von nebenan, aber die Verständigung beschränkt sich auf "Car – brrrrrm, brrrrm". Dabei haben wir beim Arbeiten mit unserem neuen englischen Kinderwörterbuch festgestellt, dass Jacob echt schon sehr viel versteht. ("A shark is a large sea animal with sharp teeth" ist nullo problemo)

Weiter die 101 südwärts, die oregonische Küste entlang. Traumhaft. Felsen, der Pazifik, Grün, weite Sandstrände, so viel schön aber auch! Und so laut aber auch, der angeblich so "ruhige" Pazifik… Und dann erst die Sanddünen, kaum zu beschreiben. Riesig, obenauf Bäume, Sand genug für sämtliche Sandkisten der Welt. Und was macht man auf Sanddünen? Man geht entweder Sandboarden oder mietet sich ein Sandbuggy oder Quart und düst rauf und runter. Die Buben sind begeistert, vor allem der ganz große (auch Papa genannt).

Bis jetzt enttäuschen die "Ami" unsere Erwartungen: noch hat keiner Austria mit Australia verwechselt, viele wissen sogar wo Wien ist oder waren zumindest schon mal in "Germany".

Dafür haben wir einen Campground hier in Bandon erwischt, der sehr wohl unsere Erwartungen enttäuscht (wenigstens einer). Wir lernen, dass "Internet access"heißt: ja, wir haben einen Computer im Büro, sie können per email bei uns reservieren" und dass "beach view" einem "beach access" vorzuziehen ist, denn letzteres heißt in diesem Falle nicht "am Strand" sondern "wenn sie eine Meile die Strasse runter gehen kommen sie zum Strand". Dafür fährt der Besitzer bei uns beim Nachtmahl vor – wir sitzen schmausend am Picknicktisch vor Bilbo, da kurvt er die 20m vom Office zu uns in seinem alten Auto, bleibt direkt neben dem Tisch stehen und bietet uns ein Bier an. Nachdem Gerhard (der nie Bier trinkt) höflich abgelehnt hat, sind die österreichischen Männer wohl in der Achtung dieses UrAmis tief gesunken….

Am nächsten Tag ist es vorbei mit 28° und Sonne, wir erwachen in tiefsten Nebel, der uns auch weiter die Küste hinunter begleitet. Mystisch und unheimlich sieht alles aus.

Also auf nach "sunny California" - wo leider auch kaum die Sonne scheint...

Jacob: schreib einfach: Ja. Und die Spielplätze sind supertoll.

Finn: Hallo

23.9.06

hoppla

ich merke gerade , dass aus irgendwelchen Gründen die letzen beiden posts nicht veröffentlicht wurden. Hmmm.... was soll denn das...
Hoffe, es klappt nun.
Freuen uns über Kommentare, lesen sie auch immer. Und Fotos gibt es so wenige, weil das immer so lang dauert und auch nicht immer funktioniert... sollten wir ja ein "Blook" (ein Blog-Buch) daraus machen kommen sicher viel mehr hinein.

USA

Also, rein technisch sind wir ja bereits seit knapp einer Woche in den USA, aber heute haben wir aufs Festland übergesetzt, nun gilt's quasi. Sind schon sehr neugierig auf die "Ami", man könnte auch sagen, voreingenommen. (oder heißt es nacheingenommen, da wir ja beide bereits in Amerika waren?).

Orcas war wunderschön, wenn auch sehr kühl. Entweder war es regnerisch und kalt oder sonnig und kalt. Herbst macht sich in strahlenden Farben breit. Die Leute auf der Insel waren ungemein nett, hier findet / fände man sehr schnell Anschluss. Der Prozentsatz an Künstlern ist sehr hoch, ebenso der an Pensionisten (die aber zum Großteil im Winter nach Florida flüchten). Es gibt viele Kurse für Schriftstellerei und Quilten, ein untrügliches Zeichen, dass die Winter hier zwar vielleicht mild, aber lang sind.

In der Bibliothek waren wir tägliche Stammgäste – dort war es nicht nur warm, sondern auch gemütlich, mit Schaukelstühlen, Sitzsäcken und Ohrensesseln.

Wir waren Yoga (Gerhard), im Fitnesscenter (Marion) und im Funhouse (die Buben), Orcas bietet also für jeden etwas. Wir haben Mount Constitution zu Fuß erklommen (na ja, die letzten 20 Meter…) und den Blick über alle Inseln des Pudget Sound schweifen lassen. Sehr schön. Sehr kalt da oben. Die Buben haben Riesenkrebse vor den Möwen gerettet (oder zumindest ihre Schlachtung etwas hinausgezögert), Sandskulpturen gebaut und sich englische Bücher in Simultanübersetzung vorlesen lassen (eine geistige Schweraufgabe für Mama und Papa). Alles in allem also schöne Tage (wenn es nur etwas wärmer gewesen wäre…).

Heute aber das Festland – ohne irgendwelche weiteren Kontrollen, da wir eine Fähre nahmen, die nicht in Canada startete. Wer also Dinge in die USA schmuggeln will, dieses Eck hier bietet gute Möglichkeiten… (aber was sollte man schon in die USA schmuggeln wollen? Bildung? Kultur? Gesunden Menschenverstand?)

Aussehen tut es hier ja gleich wie in Canada. Noch. Ab morgen geht es südwärts.

Jacob sagt: das Funhouse war cool, da gab es viel zum entdecken und spielen.

Finn sagt: ein Krebs hatte gar keine Beine mehr und keine Zangen, aber der war echt groß.

20.9.06

über die Grenze

Vancouver Island

Vancouver Island ist – wie ganz Canada – ja nicht gerade dicht besiedelt (knapp 700 000 Einwohner auf der ganzen Insel), aber wohl 99% davon leben an der Nordküste zwischen Comox und Victoria. Wunderschön hier, aber sehr dicht besiedelt.

Wir verbringen zwei Tage in Nanaimo in einem unserer persönlichen Top Favorite Campgrounds. Geheiztes Schwimmbad (wir gehen bei 15° Außentemperatur schwimmen!), wunderbarer Hot Tub mit 40° (und "Bubberblasen"), gepflegter Aufenthaltsraum mit offenem Kamin (und Fernseher… und weil wenig Leute da sind heißt das mit 2 Stunden Kinderprogramm bevor wir die Buben mit Essen weglocken können), kleinem Golfplatz, tollem Spielplatz. Einziger Nachteil: die Nächte sind nun schon echt kalt und unser Gasofen will plötzlich nicht so recht. (heute haben wir einen kleinen Elektroofen gekauft, das hat er nun davon). Auch hier wieder unglaublich nette Leute, die den Buben Weintrauben schenken und uns wie alte Freunde behandeln.

Weiter dann nach Victoria, der "Hauptstadt" der Insel. Sind wir gewohnt, auf Bilbo angesprochen zu werden und vorbeifahrenden Autofahrern beim Kopf-verrenken zuzuschauen, so erhalten wir hier sogar bewundernde Pfiffe und erleben, dass einige Autos langsam neben uns her fahren, um unsere (inzwischen echt schon beeindruckende) Liste der besuchten Orte zu lesen, die auf beiden Seiten von Bilbo prangt. Wir werden sogar aufgefordert, für ein Foto zu winken! Wir kleben nun wohl in irgendeinem canadischen Fotoalbum als Sehenswürdigkeit!

Victoria ist sehr europäisch, mit seinem "Schloss", den britisch anmutenden Steinbauten und dem Dudelsackspieler am Hafen. Als ich vor 12 (?) Jahren mit meinem Vater hier war, stand der auch schon da, mit damals noch nicht grauen Haaren. Neben ihm nun ein Geigen"virtuose", der im Darth-Vader Kostüm die "Krieg der Sterne" Titelmelodie fidelt. Moderne Kunst?

Die Sonne strahlt auch hier (Victoria kommt immerhin noch auf 2200 Sonnenstunden, immer noch etwa 700 mehr als Wien), der Himmel ist unglaublich klar. Und sie bieten etwa 500 verschiedene Whale Watching Touren an. Eines der Dinge, die wir von Anfang an auf unserer Liste hatten (Jacob liebt Schwertwale). Also werden wir das morgen machen.

Heute nächtigen wir in der Nähe von Victoria, den Campingplatz haben die Männer ausgesucht – nebenan ist eine Rennstrecke und während ich hier tippe sitzen die drei bei der Rennbahn und geben sich die samstäglichen Stock-Car Rennen (ich gebe sie mir unfreiwilligerweise auch, zumindest akustisch…). Aus dem Wohnmobil nebenan dröhnt Countrymusik, das Ganze hat was.

Whale Watching war toll – kalt und feucht (Regenwetter), aber doch sehr aufregend. Allein weil wir mit einem Speedboot fahren und der "Kapitän" zu Jacobs großer Freude Vollgas gibt und abenteuerliche Kurven dreht. Finn findet das nicht ganz so toll und ich hab einen Muskelkater vom panisch am Sitz festklammern…

Victoria ist wirklich eine wunderbare Stadt. Es gibt vegetarische Restaurants, skurrile Geschäfte – sogar ein Puppenhausgeschäft! – alles ein wenig auf alternativ, aber ganz ohne Birkenstock Schuhe.

Montag dann wollen wir eigentlich nur bei der US-Fähre in Sidney vorbeifahren und für Dienstag reservieren, bekommen aber noch einen Platz für Montag. Langsam schlängelt sich die Warteschlange am Immigration Office vorbei, wir als Letzte in der Reihe. Mal wieder unser übliches Glück – wir kommen so spät hin, dass die Officers uns rasch und problemlos abfertigen (keine Fingerabdrücke!) damit wir noch auf die Fähre kommen. In Friday Harbor dann, dem ersten Hafen auf US Gebiet, werden wir zwar noch "ausgefragt" (wie alle Ankommenden), aber mehr aus Neugier – was, ganz Canada durchquert? Was für eine Marke ist das? Wo geht's noch hin – wie schön…

San Juan Island ist traumhaft, Friday Harbor eine Hafenstadt wie aus dem Bilderbuch. Leider ist das Wetter mies. Wir besuchen das Whale Museum, klein aber fein. Die Buben sind völlig aufgeregt den ganzen Tag, weil wir nun in den USA sind. Am Campingplatz spazieren Rehe herum, degeneriert und "zahm" wie alle ihre Artgenossen auf den Inseln hier. Wir beobachten einen Weißkopfseeadler (Finn: Seekopfadler) beim Fischessen, während ein kleiner Vogel frech schimpfend um ihn herumfliegt.

Dienstag weiter – wieder mit der Fähre – nach Orcas Island. Ich war bereits zwei Mal hier, ein Mal in einem April mit meinem Vater, einmal zu Silvester mit Freunden aus Seattle – vor mehr als 10 Jahren. Alles hat sich sehr verändert. Es ist noch immer eine idyllische Insel, aber San Juan gefiel mir plötzlich besser (den Männern gefällt es hier besser). Wir fahren zu dem Haus, das mal meinem Vater gehört hat und ich gehe allein die letzten paar 100 Meter. Da wir einmal schon knapp davor waren, hierher zu ziehen, will Gerhard nicht mitgehen, für den Fall, dass er unsere (meine) damalige Entscheidung dagegen bereuen würde. Es ist eigen, das Haus wieder zu sehen, die neuen Besitzer haben viel verändert(z.B. ein ganzes Stockwerk aufgestockt). Ich bereue nicht, dass wir damals nicht hierher kamen, trotz allgemeinem Sonnenschein ist das Grundstück düster (Nordhang), der Wald herum unheimlich, die Insel außerhalb der Saison gottverlassen.

Wir campen an der Westküste in einem sehr schönen (und sonnigen…) Resort, leihen sogar ein Fahrrad für die Jungs, weil Finn so gerne wieder mal radeln will. Mitte September und wir sitzen in der Sonne in einer hölzernen Hollywoodschaukel während die Buben vor uns am Strand spielen. Währenddessen hängt im Bilbo die frisch gewaschene Wäsche auf der Leine über unserem Bett und trocknet (nicht… wir schlafen unter Socken und Leiberln, Luftbefeuchtung inklusive).

Jacob: das Speedboot fahren war saugeil und wir haben viele Orcas gesehen

Finn: und jetzt sind wir in Amerika. Und es regnet

PS: Keine weiteren Fotos, weil blogspot heute spinnt und sie nicht nimmt.... werden nachgeliefert. Freuen uns über Kommentare, lesen sie auch alle!

13.9.06

Vancouver

Endlich – das Meer!

Tag 68 gesamt, und wir haben es geschafft. Durch Wälder und Getreidewüsten, durch Ebenen und Berge – wir haben Canada von Ost bis West durchquert! Vom Atlantik zum Pazifik in 43 Tagen.

Unser Aufenthalt in Hope hat noch einen sehr netten Abschluss gefunden, das Briggie Days Festival war total witzig, sehr gemütlich und voll guter Stimmung. Gestern gab es dann noch das Highlight des Wochenendes, Rasenmäher-Rennen, Motorrad-Stuntshow (Thomas, solltest du das lesen, das wäre was für dich gewesen!) und Demolition Derby, was nichts anderes ist als Autodrom mit echten Autos. Hätte nie gedacht, dass es so lustig sein kann, zuzuschauen wie Autos einander zu Schrott fahren.

Heute dann weiter westwärts, und die Landschaft ändert sich wieder. War Hope eher trocken und staubig erreichen wir nun das klassische British Columbia, grün, am Wasser, klarer Himmel.

Wir besuchen in Mission ein First Nation Interpretive Center, eher flau, irgendwie haben sie's nicht drauf, ihre Geschichte gut zu vermarkten. Witzig aber, wenn die ganze Zeit von einer Kultur und Fundstücken geredet wird, die 5000-9000 Jahre alt sind, und dann sehen wir einen handgeschnitzten Stuhl und die Führerin erklärt: "Oh, this chair has been here for a long time, longer than I work here. And I have been working here for one and a half years." Sehr beeindruckend! (wobei es hier angeblich wirklich beeindruckend ist, wenn jemand mehr als ein Jahr an einem Arbeitsplatz bleibt)

Vancouver durchqueren wir, ohne Aufenthalt (die Stehpausen im Stau nicht berücksichtigt). Große Städte sind nicht so unseres zur Zeit.

Dann auf die Fähre, gerade noch, der Laster vor uns ist zu lang und so bekommen wir den letzten Platz, Glück gehabt. Rüber zur Sunshine Coast, um noch ein Stück weiter nach Westen zu kommen.

Alle selig in Fahrtwind und Meeresduft. (siehe Fotos)

Hier nun gratis Golf beim Campingplatz dabei, das muss man (d.h. Mann) doch ausnützen. Erstaunlich viel noch los hier, wir hatten erwartet, dass nach dem Labor Day Weekend alle Campingplätze halbleer sein werden.

Die Buben sind beide nach dem aufregenden Wochenende etwas k.o.. Vor einer Woche hatten wir beschlossen, ein wenig Pause mit "Schule" zu machen – wir waren im Stoff schon sehr weit vorne und da immer so viel los ist, ist täglicher Pflicht-Unterricht manchmal schwer nerven-belastend geworden (für alle..). Erstaunlicher Weise macht Jacob aber nun trotzdem jeden Tag Schulsachen in seinen Büchern, ganz von selbst. Sogar heute, wo er wirklich erschöpft war, hat er sein Deutschbuch rausgeholt und zwei Seiten über doppelte Selbstlaute gearbeitet. Hm. Da merkt man, dass man mit "Pflicht" und "wir bestimmen was gut für dich ist" oft voll daneben liegt… und dass Kinder tatsächlich gerne lernen, wenn man sie lässt.

Jacob sagt: ich habe mir eine Indianerpfeilspitze gekauft und Golf gespielt.

Finn sagt: dasselbe (als kleiner Bruder hat man's echt schwer, originell zu sein)

Mittwoch, 13.9.

Sind weiter die Sunshine Coast enlang gefahren – hier hat es 2400 Stunden Sonne im Jahr! Heute dann mit der Fähre rüber nach Vancouver Island, sehr windig heute. Wunderschön hier (trotz Wind), wir verbringen herrliche Zeit am Strand bis uns der Wind doch zu viel wird. Die Buben basteln, Mama und Papa lesen.

Jacob und Finn haben auf der Fähre von einem sehr netten Ehepaar ein Buch über Tiere am Strand geschenkt bekommen. Einfach so. Die Leute hier sind echt wahnsinnig nett, prinzipiell. Und so unkompliziert. Und erstaunlich viele waren schon in Europa, manche sogar in Wien. Der Fahrkartenverkäufer heute kannte sogar unsere Automarke (Citroen), er war sehr stolz darauf.

Die Berge im Inneren von Vancouver Island sind 2000 m hoch – und es liegt Schnee oben. Ich hoffe, hier an der Küste bleibt es so mild wie es ist, ansonsten hab ich endlich eine Ausrede, die hiesigen Modehäuser zu erforschen.

Hab heute in einem Antiquariat ein nettes Buch mit "klugen Sprüchen" von Ashleigh Brilliant gefunden (der heißt echt so), und möchte allen in der Ferne einen zumindest zukommen lassen: "Distance does not really make you any smaller, but it does make you part of a larger picture" Nett auch: "Living on Earth may be expensive, but it includes an annual free trip around the sun"

Jacob sagt: Wir haben riesige Krebsscheren gefunden.

Finn sagt: wir haben Krebse gefangen und einer hat mich gezwickt. (natürlich hat er ihn gezwickt und nicht Jacob, denn Jacob hat die "gefährliche Arbeit" großzügig dem kleinen Bruder überlassen)

9.9.06

BC


Calgary stellte eine Wende dar – kaum die Stadt hinter uns sahen wir erstmals seit Ewigkeiten wieder Berge am Horizont. Die Rockies, welch erhebendes (im wahrsten Sinne des Wortes) Gefühl! Nun kann Bilbo endlich zeigen, was er drauf hat. Als alter Alpentiger lässt er hier so manchen großen Brummer hinter sich.

Landschaftlich fühlt man sich an Tirol erinnert – schneebedeckte Berge, Gletscher.

Banff, von dem viele so schwärmen, enttäuscht uns. Der Ort sehr Schicki-micki, im Winter sicher das Kitzbühel Canadas. Der Nationalpark schön, aber laut. Das Tal ist so eng, dass nicht nur der Highway sondern viel mehr noch die Eisenbahn dafür sorgen, dass man sich wundert, wie es bei dem Lärm hier Bären und sonstiges Getier freiwillig aushalten.

In Canyon Hot Spring dann zwar immer noch Zuglärm, dafür aber heiße Quellen. Welch herrliches Gefühl, im 40° heißen Pool zu sitzen, Blick auf die Berge, Sonne und Wind im Gesicht.

Am Weg zum Beaver Lake Resort bei Winfield besuchen wir einen "enchanted Forest". Ein Ehepaar hat hier einen Märchenwald geschaffen, entzückend kitschig. Die Buben sind begeistert, erforschen jedes Häuschen, wir fahren Ruderboot (Jacob rudert!), besteigen ein Baumhaus, lernen einige englische Reime und Geschichten kennen, die uns unbekannt waren. Am Campingplatz dann Hochbetrieb, Labor Day Weekend, aber die Jungs stört das kaum, sie sitzen eh die meiste Zeit bei den Hasen. Arme Viecher, werden von allen Kindern herumgetragen, kopfüber gehalten, zu Pyramiden gestapelt. Die sind sicher auch froh, wenn die Schule wieder los geht! Abends gibt es dann sogar noch ein kleines Feuerwerk und Jacob und Finn beginnen nun sogar, mit anderen Kindern versuchsweise englisch zu reden.

Montag dann Kelowna. Die Stadt liegt in einem nach Süden offenen Tal, hier ist es von Mai bis September über 25° warm und regnet kaum. Es gibt Obstplantagen, Weinbau. Es gibt auch viel Rauch, denn in den USA tobt ein Waldbrand, der erst im Oktober (!) aus sein wird, und der Rauch zieht das Tal herauf. Wir treffen uns mit einer Homeschooling Familie aus Deutschland, die im Frühjahr hierher gezogen sind. Die Buben verstehen sich prächtig mit Julian und wir bleiben sogar noch zum persischen Essen, das einfach herrlich schmeckt.

Da es dann schon zu spät ist um noch weit zu fahren übernachten wir in der Nähe von Kelowna und fahren erst Dienstag weiter nach Merritt. Merritt, muss man wissen, ist das Countrymusic Capital von Canada (oder war's der Welt??). Die einzige Musik die uns dort begleitet ist der rhythmische Lärm der Pulp-Fabrik. Der halbe Ort ist geschlossen, anscheinend hat das am Labor Weekend stattgefundene Rodeo alle so geschafft, dass sie auch Mittwoch früh noch nicht aufsperren können. Es hat über 30° aber wir entdecken einen Wasserspielplatz, den die Buben sofort erobern. In vollem Gewand. Als das nass ist, ziehen sie es aus und machen in der Unterhose weiter. Wir sind die einzigen dort, also stört es die prüden Canadier nicht…

Weiter durch die Berge. Die Landschaft wechselt zu ausgetrocknet, an Nevada oder Südspanien erinnernd. Berge die wirken wie Sanddünen, dazwischen ein paar mühsam der Trockenheit abgetrotzte Grünfeldchen. Dies ist Indianerland, typisch. Als Reservat kann man den Indianern ja schließlich kein Land geben, mit dem sich etwas anfangen ließe… Die Landschaft hat eine eigene Faszination (Gerhard und den Jungs gefällt es, Cowboyland), aber auch eine gewisse Trostlosigkeit (finde ich). Das Tal ist auch hier nicht breit, dennoch gibt es auf jeder Seite Bahngeleise. Stereo, quasi. Weil es sind zwei verschiedene Railroad Companies, und da kann man sich nicht die Gleise teilen… (staatliche Betriebe haben doch auch Vorteile gegenüber der Privatisierung…)

Wir biegen nach Süden ab, ändern mal wieder unsere Route und nähern uns nun Vancouver nicht von Norden, sondern von Osten. In Hope machen wir Halt. Auch Hope ein berühmter Ort, das "Hollywood des Nordens". Jaja, hier wurde Rambo gedreht! (und zugegebener Weise auch ein paar andere Filme). Am Wochenende ist hier ein großes Lokalfestival, mit Demolition Derby, Pancake Breakfast, Feuerwerk, Kinderprogramm und Parade. Deswegen sind wir hier, denn so ein richtiges Kleinstadtfestival, das müssen wir mal erleben. Und ein paar Tage "Sesshaftigkeit" tun uns auch mal wieder gut. Bilbo putzen, ihm einen Ölwechsel spendieren, innerlich ein wenig zur Ruhe kommen und Canada "aufarbeiten". Denn von hier ist es nicht mehr weit in die USA. Vancouver, vielleicht auch noch ein wenig westlich davon (es gibt eine Strasse die Küste entlang, aber von vielen Fährenstücken unterbrochen. Müssen uns erst informieren, ob es dort schön ist), und dann sind wir eigentlich schon am Weg über die Grenze.

Jacob sagt: die Reise gefällt mir echt gut. Heute hat mich eine Dame auf Englisch gefragt, ob ich nicht in die Schule gehe und ich hab gesagt "no, homeschool". Das Essen (hier im INternetcafe) schmeckt gut. Und ich freu mich auf das Demolition Derby.

Finn sagt: irgendwas mit jumpen und Motorrads. Das Feuerwerk war laut.